Bendix Meyer

Bendix Meyer kam, wie viele andere Gleiwitzer Industrielle, nicht aus Schlesien. Er wurde am 26. Juni 1846 in Münster, in der jüdischen Familie von Isaac (1800-1881) und Friederike (1805-1884) als ihr neuntes Kind geboren. Der junge Bendix konnte seinen ersten Kontakt mit der Industrie in seiner Heimatstadt Münster haben, da seine Familie mit einer lokalen Gießerei verbunden war. Er verbrachte seine Jugend als Student in Berlin, wo er in der berühmten Borsig-Fabrik arbeitete. Es ist anzunehmen, dass der Kontakt mit diesem Konzern seine Entscheidung beeinflusst hat, nach Schlesien zu kommen, was er in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts auch tat.

Nach seiner Ankunft in Gleiwitz fand Bendix eine Anstellung im Rohrwerk Huldschinsky und wurde mit der Zeit zum technischen Leiter des Rohrwerks befördert. Im Jahr 1884 erließ er durch eine Vollmacht seitens der Eigentümer des Werkes die Satzung einer Vorsorgekasse für Invaliden, Witwen und Waisen. Während seines Aufenthalts in Gleiwitz lernte er Käthe Huldschinsky, die Schwester vom Besitzer des Rohrwerks, in dem er beschäftigt war, kennen und heiratete sie. Im Laufe der Zeit bekamen die Eheleute eine Tochter – Margarethe.

Im Jahr 1890 beschloss Meyer, nachdem er über genügend Erfahrung und angespartes Kapital verfügte, eine eigene Fabrik zu gründen. Zwei Drahtfabriken in der Gegend, zahlreiche Stahlwerke in den benachbarten Städten und ein Rohrwerk, in dem er arbeitete, zwangen ihn eine Initiative zu suchen, in der die Konkurrenz noch nicht so zahlreich vertreten sein würde. Die Wahl fiel auf die Produktion von Kesseln, was vielleicht etwas überraschend ist, weil in einer Entfernung von mehreren hundert Metern, bereits eine entsprechende Fabrik von A. Leinferbern ansässig war. Es musste jedoch einige Faktoren gegeben haben, die Meyer davon überzeugten, ein solches Unternehmen zu gründen. Die Investition erwies sich als erfolgreich, sie brachte Gewinne, an der Wende des 19. und 20. Jahrhunderts beschäftigte seine Fabrik bereits etwa 500 Mitarbeiter.

Wie die meisten Werke in Gleiwitz befand sich auch das Meyer-Kesselwerk in Neudorf, nicht weit von den beiden genannten Drahtwerken. Vom Süden her grenzte es direkt an die Eisenbahnlinie und vom Westen und Norden an Wohngebäude. Die nächste Hauptstraße, Tosterstrasse (heute ul. Toszecka), verlief einige hundert Meter vom Betrieb entfernt und war mit diesem durch eine kleine Sackgasse, die Margarethenstrasse (heute ul. Świętej Małgorzaty), verbunden. Wenn man sich alte Fotografien anschaut, die den Betrieb zum Anfang des 20. Jahrhunderts zeigen, kann man erkennen, dass die Konstruktion der Fabrik typisch für ihre Zeit war. Die meisten Objekte wurden aus Ziegelstein gebaut, einige mit einem sichtbaren Fachwerk, was die alten Fachwerkwände in Erinnerung brachte.

Die technischen Möglichkeiten und der Reichtum des Produktionsangebots, werden unter anderem durch die Werbung im lokalen Adressbuch aus dem Jahr 1905 belegt. Laut dieser umfasste das Angebot u.a.: Wasserrohrkessel (mit einer Festigkeit von bis zu 15 Atmosphären und einer Heizfläche von 400 m2), Kessel mit Wasserrohren (mit einer Festigkeit von bis zu 15 Atmosphären, einer Heizfläche von 250 m2), Dampfvorwärmer (nach deutschen und ausländischen Patenten, geeignet für alle Arten von Kesseln) und Kesselfeuerung für Dampfkessel. Das Werk bot außerdem auch Schweißdienstleistungen für alle Arten von Wasser- und Gasleitungen an. Um den Kontakt mit den Kunden zu erleichtern, wurde die Fabrik an das Telefonnetz angeschlossen. Um seine Mitarbeiter zu kontaktieren, musste man die Telefonnummer 1249 anrufen.

Der Erfolg des Unternehmens übersetzte sich in kurzer Zeit direkt in den Lebensstandard des Unternehmers, der in den Jahren 1897-1899 eine Villa an der damaligen Gartenstraße (später Kreidelstraße, heute ul. N. Barlickiego) baute. Damals war diese Straße eine von jenen in der Stadt, in der die politische und geschäftliche Elite von Gleiwitz lebte. Darauf deuteten auch die Häuser an dieser Straße hin. Hauptsächlich befanden sich dort repräsentative Villen und reich dekorierte Mietshäusern. Die Familie von Meyer lebte in einer zweistöckigen, mit Unterkellerung errichteten Villa im Stil der Neorenaissance. Von der Südseite her war das Gebäude mit einem großen Garten umgeben, an dessen Ende ein Tor nach Wildeklodnitz (heute al. Przyjaźni) führt. Der Architekt des Entwurfs der Villa ist unbekannt, obwohl man weiß, dass die Bauarbeiten von Erich Waldmann geleitet wurden. Das Gebäude an der ul. Barlickiego 5 können die Einwohner von Gliwice, mit einigen Änderungen, noch heute bewundern.

Bendix Meyer starb am Tag seines Geburtstags, am 26. Juni 1900, im Alter von 64 Jahren. Sein Grabdenkmal, das als freistehende Kapelle im Stil der toskanischen Neorenaissance errichtet wurde, ist eine der wenigen erhaltenen Spuren seines Lebens und seiner Tätigkeit. Das Grab ist eines der bekanntesten Objekte auf dem alten jüdischen Friedhof in Gliwice.

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