Farben der Stadt – geheimnisvolle Wilcze Gardło
Ein kleines, im Grünen verstecktes 64 Hektar großes Stadtviertel liegt am westlichen Rand unserer Stadt in der Nähe des Dorfes Smolnica. Wilcze Gardło, eingemeidet in die Stadt Gliwice im Jahr 1975, ist ein Ort, von dem verschiedene, überraschende, nicht immer wahre Geschichten erzählt werden. Es ist sicherlich ein gutes Beispiel für die Umsetzung der Howard-Idee einer Gartenstadt. Irma Kozina rechnete in ihrer Publikation „Ikony architektury w województwie śląskim XX i XXI w.” (in Deutsch: Architekturikonen in der schlesischen Woiwodschaft des 20. und 21. Jahrhunderts) die Struktur des Stadtviertels Wilcze Gardło zu den einzigartigen Objekten in unserer Woiwodschaft.
Mit dem Bau der SA-Mustersiedlung Eichenkamp (der 1. Name von Wilcze Gardło, später in Glaubenstatt umbenannt) wurde im Jahr 1937 begonnen und bis Kriegszeiten fortgesetzt. Der Autor dieser einzigartigen Wohnsiedlung war der deutsche Architekt Rudolf Fischer mit seinem Team. Bei der Planung der Wohnsiedlung folgte er den Gestaltungsrichtlinien für altgermanische Wohnsiedlungen. Diese Richtlinien wurden 1936 formuliert. Die Wohnsiedlung von Gliwice sollte als Mustersiedlung dienen und in nachfolgenden deutschen Städten vervielfältigt werden. Die Wohnsiedlung entstand in der Ästhetik des einheimischen Stils (sog. Heimatstil) und sollte eine eigenständige Enklave von Gebäuden sein, die im Grünen versteckt ist, weit vom Zentrum von Gliwice. Sogar das Aussehen der Straße, die zur Wohnsiedlung führte, hat potenzielle Nutzer getäuscht. Die schmale Zufahrt, die an der Stelle der ehemaligen Schlucht entstand, deutete nicht darauf hin, dass es sich um einen Weg zur Wohnsiedlung handelte. Nur auf dem letzten Abschnitt sehen Sie ein großes Gebäude, das die anderen Gebäude verdeckt. Es ist ein sogenanntes Gemeindehaus – ehemaliger Treffpunkt für Bewohner, so etwas wie ein weltlicher Tempel.
Wenn wir durch einen dreibogenförmigen Tordurchgang einfahren, zeigt sich vor uns das Zentrum der Wohnsiedlung: ein gemeinsamer Platz mit separaten, kleinen Mehrfamilienhäusern. In einigen von ihnen befanden sich im Erdgeschoss die Dienst- und Geschäftsräume. Persönlich empfehle ich Ihnen sich die Gebäude an der Ecke von Orchidei Strasse und Jasmin-Platz näher anzusehen. Genauer gesagt, die Oberfläche der Abfahrten in die Lagerräume, die nirgendwo sonst zu sehen sind.
Das Tor im Gemeindehaus bildet den Beginn der Hauptachse der Wohnsiedlung, die vom Gemeindehaus, durch Orchidei Strasse bis zum Sportstadion führt. Ursprünglich sollte sich auf dem Stadion (eine der wichtigsten Orte in der Wohnsiedlung) eine prächtige Tribüne für Zuschauer befinden. Dies wurde jedoch nicht getan. Das zweite wichtige und repräsentative Objekt – das Schulgebäude – befand sich in der Nähe des Stadions an der Hauptachse der Wohnsiedlung. Seine Fassade aus Putz und Stein hebt sich vor dem Hintergrund einer einfachen, schlichten, umgebenden Wohnbebauung ab. Hier, wie im Torhaus haben wir im ersten Stock kleine Balkone, die die Symmetrieachse der Fassade mit einem repräsentativen Eingang betonen. An der Schule, entlang der Goździkowa Straße, befinden sich weitere Mehrfamilienhäuser.
In den nächsten Straßen, die radial und oval um Jasmin Platz verlaufen, befindet sich eine Einfamilienhausbebauung, bestehend aus Ein- oder Zweifamilienhäusern. Ihre Architektur zeichnete sich durch eine einfache Form mit einem sehr steilen Satteldach aus (nicht flach, wie die Modernisten damals vorschlugen). Nur Fensterläden aus Holz haben damals die einheitliche Farbgebung der Fassade gebrochen. Die Lage der Häuser in Gärten mit einer Fläche von etwa 1000 m2 sollte den Arbeitern ermöglichen, Gemüse anzubauen, Obstbäume zu pflanzen und sogar ein paar Tiere zu halten, wodurch jeder Bauernhof ziemlich autark sein sollte.
Bis heute ist der Grundriss des Komplexes erhalten geblieben, wobei nur wenige Gebäude heute erweitert wurden (ohne Bezug auf historische Formen). Ihre Fassaden wurden in nicht originalen Farben neu gestrichen und die Flachziegel zu mehr geräumigeren geändert… Glücklicherweise sind dies nicht die dominierenden Veränderungen und die Wohnsiedlung sieht immer noch bezaubernd aus, da sie eine Enklave von Grün und Ruhe ist.
Laut einer städtischen Legende ähnelte der Grundriss von Wilcze Gardło einem gebrochenen Kreuz (Hakenkreuz), einem Symbol, das von den Nazis angeeignet wurde. Es genügt jedoch, die Karte von Gliwice zu überprüfen, um sie sofort zwischen Märchen zu setzen. Anscheinend war die Siedlung so gut im Grünen versteckt, dass sie von sowjetischen Soldaten, die die Stadt 1945 angriffen, nicht bemerkt wurde. Warum also die früher sichtbaren Schussspuren auf dem Schulgebäude? Vielleicht von Plünderern gemacht? Und warum „Wilcze Gardło”? Es gibt ein paar Erklärungen, aber welche wahr ist, das weiß ich nicht. Und dennoch ist es notwendig, die erscheinenden Presseinformationen über den Schutzumfang der ehemaligen Glaubenstatt zu korrigieren – sie ist nicht in das Denkmalregister der Woiwodschaft eingetragen, obwohl sie geschützt ist, aber nur laut des regionalen Raumentwicklungsplans (nicht nur die urbanistische Gestaltung der Wohnsiedlung selbst, sondern auch einzelne Gebäude).
Ewa Pokorska
Stadtbeauftragte für Denkmalschutz
Miejski Serwis Informacyjny (städtische Informationsdienst) – Gliwice • 14/2021 (1051), den 8. April 2021