Franciszek Niksza, Owschütz/Owsiszcze
Um das alles zu schildern… bräuchte man viel Zeit. Ich weiß nicht, in welcher Sprache ich das erzählen sollte, denn Polnisch kann ich nicht so gut, und von Deutsch habe ich viel vergessen. Aber im Gedächtnis ist alles vorhanden…..
Einige von uns haben sie, auch wenn nicht alle wissen, wer sie in Wirklichkeit sind und woher sie kommen. „Die Großväter aus der Wehrmacht“ – ehemalige Soldaten der deutschen Armee aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges, die heute in Polen leben – haben uns ihre Lebensgeschichten erzählt. Ihre Erinnerungen, Fotografien und Andenken inspirierten uns dazu, die Ausstellung „Der Großvater aus der Wehrmacht. Erfahrungen, im Gedächtnis festgeschrieben“ zu entwickeln.
Die Ausstellung thematisiert das Kriegsschicksal der Protagonisten, ein Thema, das selbst im Familienkreis unserer Gesprächspartner lange Zeit tabu war. In den Ton- und Videoaufnahmen erzählen sie auch über ihr Leben vor und nach dem Krieg.
Mit dieser Ausstellung wollen wir diese historische Erfahrung unserer Großvätergeneration vor dem Vergessen bewahren. Auch wollen wir diese Erfahrung erklären und verstehen, um diese nicht unkomplizierten Sachverhalte so zu präsentieren, wie sie auch für uns sind, die wir das Glück haben, in einem Europa zu leben, das sich von jenem von vor einigen Jahrzehnten gänzlich unterscheidet.
Das ist keine Ausstellung über die Geschichte der deutschen Wehrmacht. Ihre Entstehung verdankt sie dem menschlichen Gedächtnis. Dass viele von Historikern dokumentierte Elemente aus der Geschichte der Wehrmacht von unseren Protagonisten nicht erwähnt wurden, resultiert eben aus einer spezifischen Eigenschaft des Gedächtnisses. Es ist nämlich selektiv und entstellt manchmal Bilder aus der Vergangenheit. Andererseits speichert es aber Inhalte, Emotionen und Bilder, die man in keinem Archiv findet. Die Ausstellung „Der Großvater aus der Wehrmacht“ ist das Ergebnis eines Oral-History-Projektes des Hauses der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit und des Vereins Genius Loci – Duch Miejsca (Geist der Zeit). Zwischen Juli 2012 und September 2013 hielten wir die Lebensgeschichten von 48 Zeitzeugen fest, darunter von 35 ehemaligen deutschen Soldaten und von über zehn ihrer Familienangehörigen: von Ehefrauen, Kindern, Geschwistern. Die Aussagen wurden in Oberschlesien, in den Regionen Kaschubei und Kociewie, in Danzig, Thorn, Allenstein und in den Umgebungen der genannten Städte aufgenommen. Mit den Protagonisten sprachen wir Polnisch, Deutsch oder Oberschlesisch. Wir baten sie, uns in jener Sprache über ihr Leben zu erzählen, die ihnen am nächsten war und ist. Die in der Ausstellung präsentierten Bilder und Dokumente stammen in ihrer Mehrzahl aus den Privatarchiven unserer Protagonisten.
Die Internetausstellung ist eine modifizierte Version der Wanderausstellung, die am 10. März 2015 im Museum des Oppelner Schlesien ihre Vernissage hatte. Später wurde sie an vielen anderen Orten präsentiert (u.a. in Kattowitz, Rybnik und Ratibor). 2021 entwickelten die Autoren der Ausstellung auf Initiative des Hauses der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit auf der Grundlage des zuvor gesammelten Materials eine virtuelle Ausstellung.
Die Autoren distanzieren sich eindeutig von Nationalsozialismus, Faschismus, Rassismus und allen anderen Ideologien, die gegen Menschenleben, Freiheit und Menschenrechte gerichtet sind. Das Ziel der Ausstellung besteht nicht darin, den Faschismus zu verherrlichen oder zu rechtfertigen bzw. die im Zweiten Weltkrieg begangenen deutschen Verbrechen in Frage zu stellen.